Erst pauken, dann kicken: Integration von Flüchtlingen in internationaler Fußballakademie des 1. FC Bocholt

Bocholt. In Bocholt ist die erste internationale Fußballakademie gegründet worden: Fußball-Oberligist 1. FC Bocholt wurde aktiv und nahm sich in großem Stil der Integration von Flüchtlingen an. Nach dem Motto: „Erst pauken, dann kicken“ werden Jugendliche und junge Männer zweimal wöchentlich zunächst Deutsch-Unterricht im Klubheim des Vereins am legendären Hünting erhalten und anschließend Fußball spielen. Wegbereiter der Fußballakademie ist die Europäische Akademie des Sports (eads) mit Sitz im Europahaus Bocholt, Gründungsmitglied im Europäischen Netzwerk der Akademien des Sports.

Deren Leiter Reinhardt te Uhle „ist der geistige Vater unserer Akademie“, sagte FC-Präsident Ludger Triphaus während der Vorstellung im Klubheim des Vereins, der in guten Zeiten zweimal in der zweiten Liga vertreten war und damals Zuschauerzahlen von 15.000 und mehr am Hünting verzeichnen konnte. Diese groß angelegte sportliche Integrationsmaßnahme ist in dieser Form offenbar die erste im Westmünsterland.

Begeisterung beim Start der ersten internationalen Fußballakademie im Westmünsterland beim 1. FC Bocholt: Sitzend von links Jürgen Beese, Ludger Triphaus, Benedikt Püttmann, Hans-Gerd Kaiser, stehend ganz rechts Reinhardt te Uhle (eads) und Sportler. Foto: Horst Andresen

Begeisterung beim Start der ersten internationalen Fußballakademie im Westmünsterland beim 1. FC Bocholt: Sitzend von links Jürgen Beese, Ludger Triphaus, Benedikt Püttmann, Hans-Gerd Kaiser, stehend ganz rechts Reinhardt te Uhle (eads), daneben Deutschpauker Christian Seidel sowie Sportler im Klubheim. Foto: Horst Andresen

36 Spieler beim ersten Training

36 junge Männer aus zahlreichen Nationen wie Syrien, Afghanistan, Ägypten, Nigeria, Eritrea oder Ghana trainierten zum Auftakt auf einem Kunstrasenplatz. Sie alle sind aus ihren Heimatländern geflüchtet und wollen Fuß fassen in Deutschland. Helfen soll ihnen dabei die internationale Fußballakademie, die Sprachförderung und Sport miteinander verknüpft. Am Dienstag, 31. Januar, wurde sie offiziell eröffnet.

Wie kann Integration gelingen? Darüber hatten sich die Bocholter Verwaltung und die städtische Tochtergesellschaft Ewibo (Entwicklungs- und  Betriebsgesellschaft), die in Bocholt die Flüchtlingsarbeit koordiniert, zusammen mit Reinhardt te Uhle von der Europäischen Akademie des Sports (eads) Gedanken gemacht. Hinzu kamen Anregungen aus ehrenamtlichen Gruppierungen. Die Ideen wurden gebündelt und fanden vom Reißbrett den Weg in die Umsetzung: Heraus kam die Gründung der Fußballakademie. Mit dem 1. FC Bocholt fanden die Ideengeber schnell einen sportlichen Partner. „Wir wollen als Verein Zeichen setzen. Wo, wenn nicht in einem Sportverein, kann die Integration funktionieren?“, fragte Triphaus. Seine Antwort: die Akademie. „Im Sport und besonders im Fußball werden doch am besten Werte vermittelt wie Disziplin, Teamfähigkeit, Kampfstärke, Freude, Vertrauen, Durchsetzungsvermögen. All dies wird entwickelt und weitervermittelt in Verbindung mit der Sprache und den Werten dieses Landes.“

Zweimal wöchentlich Training für Kopf und Körper

Zweimal in der Woche werden Kopf und Körper trainiert. Begonnen wird mit einer Stunde Deutschunterricht. Dafür stellt der 1. FC eigens einen Raum im Vereinsheim zur Verfügung. Streng formal wie in der Schule soll es dabei nicht zugehen, auch wenn der Name „Fußballakademie“ zunächst anderes vermuten ließe. „Wir wollen Sprache alltagsbezogen und praktisch auf zunächst einfachem Level vermitteln“, sagt Christian Seidel, der mit Aras Enez die Deutschstunde ehrenamtlich leitet. Seidel kennt sich in der Flüchtlingsarbeit als „Bocholter Starthelfer“ bestens aus.

Nach der Kopfarbeit ist Bewegung angesagt. FC-Trainer Frank Nehling und Emad Ayad bitten aufs Fußballfeld. Und auch dort geht´s nicht vorrangig um den perfekten Spannschuss oder die gewiefte Abseitsfalle. Verständigung trotz kultureller Unterschiede, gut miteinander auskommen, sich unterstützen, Toleranz und Respekt zeigen. Triphaus: „Hier kann der Fußball zeigen, was für eine integrative Kraft in ihm steckt.“

„Wichtig ist zunächst: Spaß haben“

Der 1. FC Bocholt mache sich seit Beginn der Flüchtlingskrise für die Integration geflüchteter Menschen über den Sport stark, so Triphaus. „Wichtig ist zunächst: Spaß haben. Der fußballerische Teil wird sich dann entwickeln – das kann natürlich auch in jedem anderen Verein in Bocholt sein. Das liegt an der jeweiligen Leistungsstärke, die jemand erreicht.“

Den allgemeinen  Nutzen des Projekts betont auch Benedikt Püttmann, Leiter des Fachbereichs Jugend, Familie, Schule und Sport der Stadt Bocholt: „Bei der Fußballakademie gibt es mehrere Gewinner: die Teilnehmer profitieren, der Fußballsport gewinnt, der Bocholter Sport insgesamt wird gestärkt. Die Stadt Bocholt stellt die Plätze zur Verfügung. Auch einen Satz neue Bälle kommt von uns.“

Jürgen Beese, Leiter des städtischen Fachbereichs Soziales, und Hans-Gerd Kaiser, stellvertretender Leiter der EWIBO, stehen ebenfalls hinter der Initiative: „Sport und Sprache gehören zu den Komponenten, die Integration positiv beeinflussen. In diesem Projekt wird erstmals ein zielgerichtetes, regelmäßiges Angebot gemacht in Verbindung mit einem Verein, dem 1. FC Bocholt. Das wird die Integrationsarbeit in Bocholt weiter stärken.“

Das Land NRW fördert finanziell

Die internationale Fußballakademie ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen der Stadt Bocholt, der Entwicklungs- und Betriebsgesellschaft der Stadt Bocholt (Ewibo), der Europäischen Akademie des Sports (eads) und dem 1. FC Bocholt. Finanziell gefördert wird die Fußballakademie durch das Land Nordrhein-Westfalen über die Initiative „KommAn-NRW“. In Bocholt leben nach Angaben der Stadt zurzeit rund 750 Menschen, die Asyl suchen, davon etwa 500 in Unterkünften des Landes Nordrhein-Westfalen.

• Rückfragen zur internationalen Fußballakademie: Reinhardt te Uhle, Telefon +49 (0)2871 217 65-680.

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© Bruno Wansing/Horst Andresen